Lüdecke, Seibert, Poster Deutsche Meteorologen Tagung '98, Leipzig, 14.-19.9.98

Meteorologinnen - Quellen aus drei Jahrhunderten.

Cornelia Lüdecke [1] und Petra Seibert [2]

[1] Institut für Geschichte der Naturwissenschaften, Museumsinsel 1, D-80306 München
[2] Institut für Meteorologie und Physik, Türkenschanzstrasse 18, A - 1180 Wien

Zwischen 1536 und 1881 stellten neben 1148 Männern nur sieben Frauen nachweislich meteorologische Beobachtungen an. Sie kamen meist aus Akademikerfamilien und wurden von ihren Vätern oder auch Müttern zu Beobachterinnen ausgebildet. Als herausragendste dieser Frauen ist die Astronomin Maria Winckelmann (1670-1720), verheiratete Kirch, zu nennen, die wiederum ihre Tochter Christine (1696-1782) einführte. Mit der Einrichtung von meteorologischen Meßnetzen wuchs der Bedarf an Beobachtern. Darunter sind zunehmend Kanzleigehilfinnen, Lehrerinnen, Klosterschwestern und Oberinnen, sowie Praktikantinnen an Landeswetterämtern vertreten.

Nach Öffnung der Universitäten für das Frauenstudium seit 1900 begannen nur sehr wenige - entsprechend vorgebildete - Frauen sich mit der Meteorologie zu beschäftigen. Hierbei sei vor allem an Luise Lammert (1887-1946) und Gertrud Kobe (1905-1995) erinnert.

Schaut man in das Namensregister der Meteorologischen Zeitschrift, das nur für den Zeitraum 1909 - 1928 ausgeschriebene Vornamen enthält, findet man unter 813 Autorennamen 795 männliche und 18 weibliche, d.h. nur 2 %. Dieses Verhältnis hat sich nicht verändert, betrachtet man beispielsweise vierzig Jahre später die Mitgliedschaft in der Meteorologischen Gesellschaft ZV Bad Kissingen an, die 1956 in den ZV Frankfurt/Main übergegangen ist (Tab. 1). Auch im sogenannten EDV „Findbuch" der „von-Bezold Sammlung" sind mit 77 Nennungen nur 3 % der enthaltenen Namen weiblich.

Tabelle 1: Mitgliedschaft im ZV Bad Kissingen/Frankfurt für die Jahre 1949-1962

ZweigvereinStichtagSummemännl.weibl.Frauen-
anteil
Bad Kissingen7.12.19491151123(2,6%)
Bad Kissingen14.3.19501271243(2,4%)
Bad Kissingen15.7.19511471434(2,7%)
Bad Kissingen12.11.19521791736(3,5%)
Bad Kissingen10.12.19532262188(3,5%)
Frankfurt/Main1.1.195625224210(4,0%)
Frankfurt/Main1.10.195827326310(3,7%)
Frankfurt/Main15.1.196227226012(4,4%)

Am Beispiel des Meteorologischen Instituts der Universität München wird das Geschlechterverhältnis bei den Abschlüssen über einen längeren Zeitraum dargestellt. Zwischen 1959 und 1995 haben insgesamt 203 Studierende mit dem Diplom abgeschlossen. Anfangs war das Meteorologiestudium in München rein männlich besetzt. Ab Mitte der 70er Jahre beendeten durchgehend ein bis drei Studentinnen pro Jahr ihr Studium. Nur in der zweiten Hälfte der 80er Jahre gingen die Abschlüsse allgemein kurzfristig zurück. Von den 38 diplomierten Meteorologinnen (19 % Frauenanteil) promovierten in München etwa ¼ (das sind 9, entsprechend 12 % Frauenanteil), von den 165 Meteorologen hingegen mehr als 1/3 (d.h. 61). Zusätzlich habilitierten sich 12 Männer.

Anhand der jährlichen Listen von Abschlüssen in „promet", die seit 1987 mit vollständigen Namen veröffentlicht werden, ergibt sich die Entwicklung des Anteils von Frauen bzw. Männern an deutschsprachigen Universitäten wie folgt (Tab. 2 , Abb.1). Aus diesen Zahlen ergeben sich etliche Fragen, die wir hier nur anreissen können. Nirgends hat sich im Berichtszeitraum eine Frau habilitiert. Was bedeutet es, dass 1995 in der Schweiz fünf Frauen promoviert wurden? Ein Ergebnis von Frauenfördermassnahmen? Woher rührt der alarmierend fallende Trend von Promotionen bei Frauen in Deutschland nach 1992, der bei den Männern keine Entsprechung hat? Worauf sind die (unabhängig vom Geschlecht) extrem unterschiedlichen Promotionsquoten in Österreich (20%), Deutschland (42%) und der Schweiz (72%) zurückzuführen?

Tab. 2: Abschlüsse in Meteorologie an deutschsprachigen Universitäten (1987-1995) in absoluten Zahlen, nach promet (1988-96).

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198719881989199019911992199319941995Summe% (w)w+m
Deutschland
Habilitationm35241154222022
Promotionw42296108544820243
m281916211915322231195
Diplomw12113133232023252318031580
m314549536943505249400
Österreich
Habilitationm1122
Promotionw0000101002922
m22132243120
Diplomw0323104021514111
m679513167131896
Schweiz
Promotionw10001110591658
m014644615949
Diplomw021302044162081
m198928881265

Abb. 1 (Promotionen)Abb. 1 (Diplome)

Abb. 1: Abschlüsse in Meteorologie an deutschsprachigen Universitäten (1987-1995): Frauenanteil in Prozent, oben: Promotion, unten: Diplom, nach promet (1988-96).


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Für den Inhalt verantwortlich: Petra Seibert. Datum der letzten Änderung: 17. Tag, 3. Monat, Erd-Tiger-Jahr